„Zunehmend mehr Menschen benötigen Beratung im Umgang mit ihren Schulden“

Landtagsabgeordnete Charlotte Quik informierte sich bei der Grafschafter Diakonie über den Bedarf an Schuldnerberatung in der Region

Warum geraten Menschen in diese Lage,  wer wendet sich an die Schuldner- und Insolvenzberatung  und wie hilft diese weiter? Diese Fragen brachte Charlotte Quik, Abgeordnete der CDU-Fraktion im Landtag NRW mit in die Moerser Mühlenstraße 20. Vier Schuldnerberater berichteten am Montag, 2. Dezember, in der dortigen Beratungsstelle  der Grafschafter Diakonie, dem Diakonischen Werk im Kirchenkreis Moers, aus ihrem Arbeitsalltag.  Und die Politikerin erfuhr: Trennung und Scheidung, eine Erkrankung, der Verlust des Arbeitsplatzes, eine gescheiterte Selbstständigkeit oder der Übergang in die Rente gehören zu den häufigen Gründen, wegen derer Privatpersonen die Schulden über den Kopf wachsen können. „Es kommen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zu uns“, weiß Schuldnerberaterin Gabriele Süßer, die sich in der Moerser Beratungsstelle um die Ratsuchenden kümmert. Und es gibt viele davon: 10 Prozent der Haushalte im Kreis Wesel sind überschuldet. „Allein in den Jahren 2017 und 2018 haben wir 1850 Menschen mit diesem Problem begleitet“, berichtete Jürgen Voß, Geschäftsbereichsleiter Soziale Dienste der Politikerin. Auch dass trotz der hohen Beratungszahlen noch viele Verschuldete auf der Strecke bleiben, berichteten die Fachkräfte. „Es gibt zwei Wege, auf denen Verschuldete zu uns kommen“, erläutert Caroline Hagedorn, Schuldnerberaterin im Diakoniezentrum Homberg den Hintergrund. Ein hoher Anteil der Klienten gelange über die Zuweisung von Jobcenter oder Sozialamt zu den Schuldnerberatern. Hier existieren gesetzliche Ansprüche auf Beratungsleistungen, das heißt  „die Ratsuchenden bringen einen Beratungsgutschein für unsere Leistungen mit und wir können innerhalb einer Frist von maximal  vier Wochen mit der Arbeit beginnen“, erklärt sie.  Zusätzlich ist die Schuldnerberatung  für alle anderen Ratsuchenden kostenfrei und offen zugänglich.  „Diese offene Beratungsform anzubieten, ist uns als regionalem Wohlfahrtsverband sehr wichtig und wir finanzieren sie gegenwärtig mit einem hohen Anteil aus eigenen Mitteln“, sagt Kai T. Garben, Geschäftsführer der Grafschafter Diakonie. Der Bedarf im sogenannten offenen Zugang  bleibt ungebremst, was  die Wartelisten der Schuldner- und Insolvenzberater verdeutlichen. Mitunter gibt es Wartezeiten von sechs Monaten. Eine Situation, die sich mittelfristig noch verschärfen werde, so der Geschäftsführer. „Es werden z.B. zunehmend mehr Menschen von Armut im Alter betroffen sein, die  bei uns anklopfen werden. Als regionaler Wohlfahrtsverband ist es unsere Aufgabe, dies im Blick zu haben. Unklar ist, ob uns dies allein aus unseren Eigenmitteln gelingen kann. Nötig ist daher, einen Anspruch auf Beratung für alle Bürger gesetzlich zu verankern. Die Prävention würde gestärkt und vielen Bürgern sehr geholfen. Und sicher werden dem neuen Auftrag Finanzmittel und damit ein höherer Personaleinsatz folgen“, betonte der Geschäftsführer  Anneke van der Veen, Fachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales, ergänzt: „Problematisch ist, dass Schuldnerberatung und Insolvenzberatung aus unterschiedlichen Töpfen finanziert werden. Dabei ist herauszustellen, dass insbesondere die Insolvenzberatung, die aus Landesmitteln finanziert wird, chronisch unterfinanziert ist.“ Eine Botschaft, die die Abgeordnete mit in die Beratungen des Landtages nehmen will. „Die aktuellen Haushalte sind zwar verabschiedet. Aber ich sehe, dass das Thema auch mit Blick auf die kommenden Verhandlungen virulent bleiben wird.“

(v.l.) Jürgen Voß, Markus Jansen, Caroline Hagedorn, Anneke van der Veen, Gabriele Süßer, Tatjana Baumann, Charlotte Quik, Kai. T. Garben

Schuldnerberatung bietet die Grafschafter Diakonie außer in der Moerser Beratungsstelle  (Mühlenstraße 20) in der Beratungsstelle Kamp-Lintfort (Konradstraße 86), im Diakoniezentrum Homberg (Dr. Kolb-Straße 21) und im Diakoniezentrum Rheinhausen (Beethovenstraße 18) an. Für Ratsuchende aus Rheinberg ist die Beratungsstelle Kamp-Lintfort zuständig. Neukirchen-Vluyner, wenden sich an die Moerser Beratungsstelle. Nach einem Erstgespräch stehen existenzsichernde Maßnahmen an. Die Berater überprüfen z.B. ob der Pfändungsbetrag für das eigene Konto zu hoch angesetzt ist, sodass Strom und Miete nicht mehr gezahlt werden können. Zusammen wird eine Bestandsaufnahme der offenen Zahlungsverpflichtungen gemacht und die Berater nehmen Kontakt zu  den Gläubigern auf. Gibt es keine Chance auf außergerichtliche Einigung, bereiten sie zusammen mit ihren Klienten ein Insolvenzverfahren vor und begleiten diese innerhalb der gesetzlichen Frist von fünf Jahren bis sie frei von Schulden sind.

Zurück