„Jugendliche empfinden es als normal online zu sein“

Drogenhilfe Moers und Kamp-Lintfort bietet Beratung zum Thema „Mediensucht“ an. Die offene Sprechstunde für Jugendliche in Kamp-Lintfort ist gut besucht

Elternfreie Zone an der Friedrich-Heinrich-Allee 20. Am dortigen Standort der Drogenhilfe der Grafschafter Diakonie, dem Diakonischen Werk Kirchenkreis Moers, können Jugendliche im Alter von 14 bis 21 Jahren jeden Mittwoch unter vier Augen darüber sprechen, ob sie eine Sucht nach Smartphone, Snapchat oder Games entwickelt haben. Die Beratung bei „exzessivem Medienkonsum“  ist Schwerpunkt der offenen Sprechstunde, aber auch illegale Drogen wie Cannabis oder legale Suchtmittel wie Alkohol oder  Nikotin können ein Thema sein. Die Sprechstunde, die die Drogenhilfe seit Sommer anbietet, ist gut besucht. Die Fachkräfte führen jeden Mittwoch in der Zeit von 15 bis 17 Uhr zwei bis drei Beratungsgespräche mit Jugendlichen. Einen Termin müssen die Jugendlichen nicht ausmachen, sondern können einfach in dieser Zeit vorbei kommen.

Falls die Heranwachsenden zusammen mit ihren Eltern kommen, müssen diese vor der Eingangstür bleiben.  „Die Jugendlichen sollen offen und frei mit uns reden können, auch über Konflikte in der Familie“, sagt Beraterin Melanie Boi. Es sei möglich, einen weiteren Termin zusammen mit einem Elternteil zu vereinbaren. Oft sei dies aber gar nicht nötig. „Wir erreichen mit den Jugendlichen zusammen schon viel. Zum Beispiel werden alternative Hobbys überlegt.“ Gemeinsam würde zuvor der Medienkonsum angeschaut: Anzeichen für eine Sucht könnten  nachlassende Leistungen in der Schule sein, dass die Heranwachsenden feststellen, dass sie ihre Freunde nicht mehr treffen, dass es viel  Streit in der Familie gibt oder sie gesundheitliche Probleme bekommen. Die meisten würden von ihren Eltern, Lehrern oder anderen Bezugspersonen geschickt. Aber sie seien aufgeschlossen. „Da sie es als normal empfinden, online zu sein, beurteilen sie ihre Mediennutzung selber oft nicht als exzessiv. Trotzdem sind die meisten in der Beratung bereit, einmal selber zu überprüfen, wie oft sie am Handy sind, was sie alles spielen und so weiter.“

„Die offene Sprechstunde nur für die Jugendlichen ist ein besonderes Angebot, das wir in Kamp-Lintfort ausprobieren wollten“, sagt die Leiterin der Drogenhilfe Moers und Kamp-Lintfort Britta Dietrich-Aust.  „Die Beratung von Jugendlichen und Eltern zum Thema „Exzessiver Medienkonsum“ gehört aber an beiden Standorten fest zu unserem Angebot.“ In Moers besteht zusätzlich eine Kooperation mit dem Kinder- und Jugendbüro der Stadt, mit dem die Drogenhilfe der Grafschafter Diakonie jedes Jahr den Moerser Medientag zum Thema organisiert und Elternabende anbietet.

Plakate und Postkarten in Schulen oder den Jugendämtern in Moers und Kamp-Lintfort machen ab sofort auf das Angebot aufmerksam. Die ersten davon sind seit Mittwoch, 15. Januar, an der Empfangstheke des Kamp-Lintforter Kinder- und Jugendarztes Dr. Volker Leipold zu finden. Warum ihm der Hinweis auf die Drogenhilfe wichtig ist, beschreibt der Mediziner so: „In den letzten Jahren muss man häufiger und bei immer jüngeren Kindern die Folgen eines exzessiven Medienkonsums diagnostizieren. Neben Kopf- und Nackenschmerzen, Haltungsschäden oder sogar Sehnenscheidenentzündungen kommt es zu Schlafstörungen infolge zu langen abendlichen Handykonsum.  Zudem kommt falsches Essverhalten bis hin zur Vernachlässigung der eigenen Körperpflege vor“, sagt der Facharzt.

Die Fachkräfte der Drogenhilfe der Grafschafter Diakonie beraten in Moers und Kamp-Lintfort zum Thema Mediensucht, zwei sind für Präventionsarbeit zuständig. Sie schulen Lehrer, Erzieher und andere Personen, die im Berufsalltag mit Jugendlichen zu tun haben.
Betroffene aus Moers und Neukirchen-Vlyun wenden sich an die
Drogenhilfe Moers, Telefon: 02841 88067485.
Für Betroffene in Kamp-Lintfort, Rheinberg, Xanten, Sonsbeck und Alpen ist die
Drogenhilfe Kamp-Lintfort zu erreichen. Telefon: 02842 715990

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