„Jedem antisemitischen Geist mit Wort und Tat in den Weg treten“

Der Kirchenkreis Moers ruft nach dem antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle dazu auf, füreinander einzustehen. Superintendent Wolfram Syben und Synodalassessor Matthias Immer nehmen Stellung.

In den Tagen nach dem antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle an der Saale bringt der Kirchenkreis Moers sein tiefes Entsetzen zum Ausdruck. Superintendent Wolfram Syben schreibt in seiner Stellungnahme: „Die furchtbare Gewalttat von Halle erschreckt uns zutiefst. Auch wenn wir noch viel zu wenig zum Hintergrund dieser Tat wissen, verurteilen wir die fehlgeleiteten Anschläge, die mit dem brutalen Angriff auf die Synagoge begannen, von ganzem Herzen. Wo Ideologie zu Fanatismus wird, dem kein Menschenleben mehr heilig ist, sind die Dämme der Menschlichkeit gebrochen.

Im Namen der evangelischen Christinnen und Christen im Kirchenkreis Moers spreche ich den Angehörigen der völlig unschuldigen Opfer mein tief empfundenes Beileid aus: Lasst uns mit unseren Gedanken und Gebeten bei ihrem Leid sein. Und ich hoffe, dass aus unseren fassungslosen Gedanken und fragenden Gebeten uns neue Einsichten und neuer Mut entstehen werden, um jedem antisemitischen Geist mit Wort und Tat in den Weg zu treten, damit dieser schlimme Geist nicht noch stärker wird in unserer Zeit und in unserem Land, sondern vielmehr überwunden werden kann."

Synodalassessor Matthias Immer bezieht sich auf eine Bibelstelle aus dem Römerbrief (Kapitel 11, Vers 18: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich) und betont: „Christinnen und Christen leben aus dem Glauben an den Juden Jesus. Ihre Wurzel ist im jüdischen Gottesvertrauen begründet. Antisemitismus ist die Axt an der Wurzel, die uns trägt.“ Der Bibeltext zeige, wie nah Christinnen und Christen den Menschen jüdischen Glaubens sind. „Wenn Menschen die Wurzeln angreifen, die Halt geben, macht mich das zornig, denn es ist ein Angriff auf unsere Gemeinschaft“, sagt er mit Bezug auf den antisemitischen und menschenverachtenden Anschlag. Christinnen und Christen lebten aus dem Glauben an den Juden Jesus. Ihre Wurzel sei im jüdischen Gottesvertrauen begründet. „Für einen Menschen, der sich selbst im christlichen Glauben verwurzelt sieht, ist antisemitisches Denken keine Möglichkeit, sondern Selbstverleugnung“ sagt Immer. Im Bezug auf die Bibelstelle im Römerbrief stellt er fest: „Die Wurzel trägt uns. Der Anschlag von Halle richtet sich damit zugleich gegen alle, die sich mit dem jüdischen Glauben tief verbunden wissen. Er richtet sich somit auch gegen den christlichen Glauben und gegen unsere Kultur.“

Der Sprache von Hetze und Gewalt, die in den sozialen Medien wie in der Politik um sich greife, müssten die Menschen, die sich zum christlichen Glauben wie zu unserer Kultur zählten, klar entgegentreten, so wie es die Menschen getan hätten, die sich zu Lichterketten, Mahnwachen und Solidaritätsbekundungen versammelten. „Da wurde von Gottes Shalom, seinem Friedensreich, nicht nur gesungen, sondern danach gehandelt. Die jüdischen Wurzeln unseres Glaubens sind keine Sache der Vergangenheit oder von Experten. Sie tragen unseren Glauben in der Gegenwart und in die Zukunft. Es ist gut und auch notwendig, die tragenden Wurzeln unseres Glaubens über diese Tage hinweg ins Bewusstsein zu bringen und füreinander einzustehen.“

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