Finanzielle Not kann jeden treffen

Nadine Schwich ist das neue Gesicht im Team der Schuldner- und Insolvenzberatung Kamp-Lintfort

Für ihre Arbeit bringt Nadine Schwich eine wichtige Erfahrung mit. Nach einem persönlichen Schicksalsschlag ging die 39-Jährige selbst durch eine finanziell schwere Zeit. "Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man ab dem 20. des Monats die Kleingeldmünzen für die nötigen Lebensmittel zusammensuchen muss", sagt sie. Oft erzählt die Mutter von zwei Töchtern diese Geschichte in ihrem Büro im ersten Stock der Beratungsstelle Kamp-Lintfort der Grafschafter Diakonie, dem Diakonischen Werk im Kirchenkreis Moers. Nachdem ihr Vorgänger Hartmut Högden nach mehr als 30 Jahren Ruhestand ging, ist sie dort seit Anfang des Jahres das neue Gesicht im Team der Schuldner- und Insolvenzberatung. "Viele, die zu mir kommen, schämen sich für ihre Situation und ich möchte ihnen ein Beispiel geben, dass finanzielle Not jeden treffen und man da wieder herauskommen kann", sagt sie. Trennung, Krankheit oder in Pandemiezeiten die Folgen von Kurzarbeit seien häufig die Gründe für den Weg in die Beratung.

Zusammen mit ihren Klienten geht die studierte Betriebswirtin Schritt für Schritt an die Sache: Ein Pfändungskonto einrichten, damit das Geld für Lebensmittel, Strom und die Miete gesichert ist. Eine Übersicht über die Zahl der Gläubiger erstellen. Errechnen, wie hoch die Schulden tatsächlich sind, und auf die Gläubiger zugehen, um darüber zu verhandeln, ob eine Ratenzahlung oder ein Vergleich möglich sind. Wenn sich das nicht erreichen lässt, bereitet sie zusammen mit den Ratsuchenden ein Insolvenzverfahren vor. Bis zu einer festgelegten Pfändungsgrenze dürfen sie in diesem Fall ihre Einkünfte behalten und können binnen drei Jahren zur Schuldenfreiheit gelangen.

Damit hat die Schuldnerberaterin alle Hände voll zu tun. 150 Kamp-Lintforter begleitet Nadine Schwich auf dem Weg aus ihren Schulden. Jede Woche kommen sechs Neukontakte dazu und die Warteliste ist lang. Derzeit beträgt sie in Kamp-Lintfort fünf Monate. "Das ist keine einfache Situation für die Betroffenen, denn sie stehen unter großem Druck", sagt Schwich. In dieser Zeit könne das Onlineangebot der Schuldnerberatung eine Hilfe sein. Unter https://www.grafschafter-diakonie.de/schuldner-und-insolvenzberatung.de sind Antworten auf die drängendsten Fragen zu finden und es gibt die Möglichkeit, sich per E-Mail an die Berater zu wenden. "Das Onlineangebot ersetzt die persönliche Beratung nicht, aber schon einmal in Kontakt mit uns zu stehen, kann helfen." Teil des digitalen Angebots ist auch ein Video, das die Arbeitsschritte beim Sortieren der Gläubigerbriefe erklärt. Damit können die Betroffenen schon vor Beginn der Beratung selbst etwas tun. "Vielen schafft es Erleichterung, wenn sie aktiv werden und etwas vorbereiten können, weil sie sich dann nicht mehr so hilflos fühlen", ist die Erfahrung von Schwich.

Schuldnerberatung bietet die Grafschafter Diakonie außer am Standort Kamp-Lintfort (Konradstraße 86) auch an am Standort Moers (Mühlenstraße 20), im Diakoniezentrum Homberg (Dr. Kolb-Straße 21) und im Diakoniezentrum Rheinhausen (Hochemmericher Markt 1-3). Für Ratsuchende aus Rheinberg ist die Beratungsstelle Kamp-Lintfort zuständig. Neukirchen-Vluyner wenden sich an die Moerser Beratungsstelle. Eine offene Sprechstunde gibt es in Moers jeden Dienstag und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr und in Kamp-Lintfort jeden Donnerstag von 9 bis 11 Uhr. Eine telefonische Voranmeldung ist aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen erforderlich: 02841 7818451, 02842 928420.
Ein hoher Anteil der Klienten gelangt über die Zuweisung von Jobcenter oder Sozialamt zu den Schuldnerberatern. Hier existieren gesetzliche Ansprüche auf Beratungsleistungen. Das heißt die Ratsuchenden bringen einen Beratungsgutschein für die Diakonie-Leistung mit.Zusätzlich ist die Schuldnerberatung für alle anderen Ratsuchenden kostenfrei und offen zugänglich. Das Angebot finanziert die Grafschafter Diakonie zum Großteil aus eigenen Mitteln.

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