25 plus 1 Jahr! - Substitution im Kreis Wesel

Drogenhilfe der Grafschafter Diakonie organisiert kreisweite Fachtagung zum Jubiläum / Passende Angebote für ältere Opiatabhängige fehlen

Von außen betrachtet schien alles normal. Jeden Morgen fuhr Michael S. (Name geändert) mit dem Auto zur Arbeit. In einem Handwerksbetrieb verdiente der Moerser nicht schlecht. Doch tatsächlich war überhaupt nichts in Ordnung. Michael S. benötigte täglich eine hohe Dosis des Betäubungsmittels Heroin. "Ich hatte zwar mein Einkommen, aber es reichte nicht für den Stoff. 24 Stunden am Tag war ich damit beschäftigt, den Schein zu wahren, mir Gedanken über die Beschaffung zu machen und am Abend zu konsumieren." Irgendwann schaffte er das nicht mehr. "Ich ging völlig kaputt zum Arzt." Dieser schlug eine Substitutionsbehandlung vor. Dabei werden opiatabhängigen Patienten Ersatzstoffe wie das Medikament Methadon verschrieben. Die Mittel vermeiden Entzugserscheinungen und verringern die sozialen, körperlichen und psychischen Risiken des illegalen Konsums.

"Es ist eine Behandlung, die hilft", sagte Ines Leuchtenberg, Psychiatriekoordinatorin im Kreis Wesel, am 26. Oktober im Kreishaus. Für diesen Termin hatte die Drogenhilfe der Grafschafter Diakonie, dem Diakonischen Werk im Kirchenkreis Moers, zusammen mit den Drogenberatungsstellen in Dinslaken und Wesel eine Fachtagung organisiert. Unter dem Leitsatz "25 (+1) Jahre Substitution im Kreis Wesel - (k)ein Grund zum Feiern?!" zogen 60 Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verwaltung, von Jobcenter und Aidshilfe, der Suchtselbsthilfe, der Eingliederungshilfe sowie Ärztinnen und Ärzte Bilanz und diskutierten die derzeitige Lage.

Die Möglichkeit zur Substitutionsbehandlung hat der Kreis Wesel im Jahr 1997 geschaffen. 40 Personen wurden damals mit Ersatzstoffen versorgt, aktuell sind es rund 500. Für mehr als 200 von ihnen sind die Drogenhelfer der Grafschafter Diakonie in Moers und Kamp-Lintfort im Einsatz. Die Berater fungieren z.B. in psychischen Krisen als stützende Gesprächspartner oder stehen zur Seite, wenn es um Wohnungsbelange, mögliche Schritte ins Berufsleben oder andere praktische Fragen geht. Die Bedeutung ihrer Arbeit hob Referent Dr. Knut Krausbauer von der Kassenärztlichen Vereinigung hervor. Um mit den belastenden Lebensumständen klarzukommen, bräuchten die meisten die psychosoziale Unterstützung dringend. In einem Kurzfilm schilderten zudem Betroffene, wie sie durch Substitution und Begleitung mehr Lebensqualität erlangten.

Mit Dr. Michael Wefelberg gehörte ein Arzt zu den Referenten. Der Mediziner, der Betroffenen in Dinslaken und Wesel Substitutionsbehandlungen anbietet, berichtete von seiner täglichen Arbeit. Die Substitution ermögliche, dass opioidabhängige Menschen nun ein deutlich höheres Lebensalter erreichen können. Allerdings seien sie auch häufiger von schweren chronischen Krankheiten betroffen. Die Leiterin der Drogenhilfe der Grafschafter Diakonie Britta Dietrich-Aust zeigte sich an diesem Punkt besorgt: "Es stellt sich die Frage, wie die substituierten Menschen, die zunehmend älter und kränker werden, versorgt werden sollen", sagte sie. Die Pflegeeinrichtungen der Altenhilfe seien auf die besonderen künftigen Bedarfe der Suchterkrankten noch nicht genügend vorbereitet. "Hier braucht es dringend passende Angebote."

Kontakt für die Redaktionen: Britta Dietrich-Aust, Telefon 02841 88067485

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